Die Slawen in Berlin
Der Name „Berlin“ kommt vom slawischen berlo – und das heißt so viel wie „Sumpf“ oder „Morast“. Dieser Name verrät uns zweierlei:
Erstens: Diejenigen, die bereits in diesem Gebiet saßen, waren Slawen.
Zweitens: Sie hatten damals schon gemerkt, dass der Grundwasserspiegel hier ziemlich hoch ist!
Im Gebiet um Berlin gab es bereits im Frühmittelalter Westslawen.
Sie wurden früher auch Wenden genannt.
Die Heveller in Spandau
Sie wanderten Anfang des 8. Jahrhundert in das Gebiet der späteren Mark Brandenburg ein, wie archäologische Befunde anhand von Jahresringen an bearbeitetem Holz zeigen.
Sie hatten 8 Burgen, die fast alle im 9. Jahrhundert entstanden sind: Rathenow, Potsdam, Spandau und Brandenburg an der Havel aus dem 10. Jahrhundert, das seit dieser Zeit gleichzeitig Hauptburg und Sitz des Hevellerfürsten war.
Die Burgen der Slawen waren mit hohen Holzpalisaden befestigt. Die Spandauer Slawenburg war ca. 150 m lang und 80 m breit. Man
hat ihre Reste im Jahr 2005 bei Erdaushubarbeiten für ein Wohnpflegeheim im Spandauer Burgwall entdeckt. Dieser Straßenname war bisher alles, was von der Spandauer Slawenburg noch übrig
war.
In den Resten der Burg wurden Scherben von Keramik, Fingerringe, Messer, Beschläge sowie eine Münze gefunden. Unter den Fundstücken war auch diese hölzerne Spiel-marke.
Die Hauptburg mit einer Vorburg waren ursprünglich auf zwei Talsandinseln in der Spreemündung zur Havel errichtet worden. Am
westlichen Havelufer befand sich eine weitere Vorburg, in der Handwerker lebten. Die Vorburg am Westufer war mit der Hauptburginsel durch eine Brücke verbunden.
Diese Burgen wurden zerstört, als Albrecht der Bär 1157 die Herrschaft über das Gebiet übernahm.
Bis zum 12. Jahrhundert befand sich weiter nördlich der Altstadt noch eine zweite Slawenburg, die ebenfalls auf einer
Talsandinsel errichtet worden war. Albrecht der Bär ließ diese Burg ausbauen - aus ihr entstand die Zitadelle Spandau.
Die Sprewanen in Köpenick
Sie wanderten im 7. Jahrhundert in den Berliner Raum ein und besiedelten Barnim und Teltow. Hauptsiedlung und Fürstensitz wurde Copnic - Köpenick, an der Mündung der Dahme in die Spree. Die Slawen siedelten sich bevorzugt an Flüssen an und am liebsten dort, wo zwei Flüsse zusammenflossen.
An der Stelle der Köpenicker Slawenburg aus dem 9. Jahrhundert bauten die Hohenzollern im 16. Jahrhundert ein Renaissance-Wasserschloss, das später zum Barockschloss umgebaut wurde.
Der Fürst der Sprewanen war Jaczo von Köpenick (ca. 1125 bis 1176).
Ab 1153 waren Münzen im Umlauf, die nur auf einer Seite geprägt waren (sog. Bracteaten) und die den Fürsten mit slawischer
Haar- und Barttracht zeigten. Etliche Münzen stellten ihn mit Palmzweig oder Doppelkreuz dar - ein Hinweis darauf, dass er christlich getauft war.
Köpenick blühte unter Jaczos Herrschaft auf: Die Bevölkerung nahm zu, Handwerk und Handel entwickelten sich, Marktverkehr und Anfänge von Ware-Geld-Beziehungen zeigten sich.
Sein Gebiet ging bis Fürstenwalde, Teupnitz und Storkow, und umfasste Treptow und Stralau. Berlin war für Jaczo und seine Landsleute nur ein Sumpfgebiet.
1157 kam es zum entscheidenden Konflikt zwischen Albrecht dem Bären und Jaczo von Köpenick:
Der ebenfalls christlich getaufte Hevellerfürst Pribislav-Heinrich war kinderlos gestorben und hatte Albrecht dem Bären die Burg in Brandenburg per Erbvertrag hinterlassen.
Jaczo erhob als Verwandter Anspruch auf das Erbe und besetzte die Burg. Es gelang Albrecht, die Burg zurück-zuerobern. Von dieser Niederlage erholte sich Jaczo nicht mehr. Er zog sich mehr und mehr aus Köpenick zurück und orientierte sich nach Polen.
Wer mehr über Jaczo von Köpenick erfahren will, schaut sich am besten das Video hier an.
Germanica Slawica - auch im Berliner Raum
Während des Hochmittelalters, d.h. ab dem 12. Jahrhundert gab es eine Einwanderung deutschsprachiger Siedler in die östlichen
Randgebiete des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Diese Migrationsbewegung läuft geschichts-wissenschaftlich unter dem Titel „Deutsche
Ostsiedlung“, und die Gebiete wurden als Germanica Slawica bezeichnet.
Insbesondere Albrecht der Bär und seine Nachkommen förderten die Deutsche Ostsiedlung im Raum Berlin und warben Siedler an. Als Anreiz wurde der Erlass der Pacht in den ersten Jahren eingesetzt. Die meisten Siedler stammten aus dem Westen des Reiches: Flandern, Holland, dem Rheinland, Westfalen, Schwaben und Franken.
Die Neusiedler führten die Dreifelderwirtschaft ein und neue Getreidearten wie z.B. Hafer und Roggen. Ihre Keramik war härter und verdrängte die slawische Keramik. Während die Slawen hölzerne Blockhäuser errichtet hatten, brachten die Neusiedler aus Franken und Thüringen die Fachwerktechnik mit. Damit konnten auch mehrstöckige Gebäude errichtet werden.
Die slawische Sprache verschwand immer mehr. Heute existiert nur noch Sorbisch in der Niederlausitz als slawische Sprache in Deutschland. Überlebt haben die slawischen Ortsnamen: Endet ein Ortsname auf -ow, -vitz oder -witz oder -in, dann war der Ort mit großer Sicherheit einst eine Slawensiedlung.
Im Zuge der Deutschen Ostsiedlung wurden auch Klöster und Städte gegründet, um die Besiedlung zu festigen. So verliehen die Urenkel von Albrecht dem Bären, die branden-burgischen Markgrafen Johann I. und Otto III. um 1230 die Stadtrechte an die Orte Berlin und Cölln.
Mit der Kleinen Eiszeit ab ca. 1300 kam die Migrationsbewegung aus dem Westen zum Erliegen.
Widerstand der Slawen gegen die Eroberung
Nun haben sich die Slawen jedoch nicht widerstandslos mit dieser Entwicklung abgefunden. Insbesondere gegen die teilweise gewaltsame Christianisierung haben sie sich gewehrt, wie der Slawenaufstand von 983 zeigte.
Es kam durchaus vor, dass Slawen vertrieben wurden, um Platz für Neusiedler zu schaffen. Albrecht der Bär gewährte im Jahr 1159/60 niederländischen Siedlern das Recht, ehemalige Siedlungen der Slawen in Besitz zu nehmen. Die aus dem mecklen-burgischen Dorf Böbelin vertriebenen Slawen haben das neubesiedelte Dorf wiederholt überfallen.